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Kirche im Aquarium

Urlaub. Zoo. Stuttgart. Ich wollte eigentlich zu den Koalas. Vielleicht auch einen Blick auf den Jaguar werfen, der mit gelangweilter Eleganz durch sein Gehege streift. Doch dann bleibe ich vor einem Aquarium stehen.

 

"Australien – Fische aus alter und neuer Zeit." steht auf dem Schild. Daneben eine bunte, schillernde Unterwasserwelt: Kleine Fische, quirlig und aufgeregt, mal hierhin, mal dorthin, immer in Bewegung. Andere schwimmen bedächtig in Gruppen, als hätten sie ein Ziel. Und dann, am Boden, fast unbeweglich: der australische Lungenfisch. Ein Fossil, eine lebende Erinnerung an vergangene Zeiten.

Und während ich da stehe, denke ich: Ist das nicht ein Bild für unsere Kirche?

 

Da gibt es die bunten, lebendigen, die sich unermüdlich bewegen, oft nicht ganz sicher, wohin genau, aber voller Energie. Dann sind da die, die sich in Gruppen zusammentun, gemeinsam einen Kurs suchen. Und schließlich jene, die fest am Boden verharren – unbeweglich, scheinbar aus einer anderen Zeit, aber immer noch da.

 

Manchmal habe ich das Gefühl, dass genau das unser Problem ist: Die einen finden, die anderen müssten sich mehr bewegen. Die anderen wünschen sich, die einen würden endlich zur Ruhe kommen. Und doch: Alle gehören dazu. Die ganze Vielfalt. Das Alte, das Neue. Die, die voranschreiten, und die, die sich nicht vom Fleck rühren.

 

Im Aquarium funktioniert das. Warum sollte es in der Kirche nicht auch gehen?

 

Vielleicht, weil wir manchmal vergessen, was unser gemeinsames Element ist: der Glaube an Jesus Christus. Er ist das Wasser, das uns trägt – egal, ob quirlig und unruhig, ob zielstrebig oder bedächtig. In ihm haben alle Platz, die bunten, die bedächtigen, die alten und die neuen. Bewegung ist möglich, ohne dass die einen untergehen und die anderen vertrocknen. Denn aus dem Alten wächst das Neue – und ohne Wurzeln gibt es keine Zukunft.

 

Und während ich noch über das bunte Treiben im Aquarium nachdenke, lehnt ein Koala träge am Baumstamm – als wollte er mir sagen: Egal, ob du schwimmst, tauchst oder einfach nur festhältst – Hauptsache, du bleibst dabei.

Susanne Tepel